Wo hat die Dekadenz beim reisen ihre Grenzen?

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3 Antworten

Vom Beitragsersteller als hilfreich ausgezeichnet

Eine Frage, die durchaus zum Nachdenken anregt, eine einfache Antwort aber nicht leicht macht.

Letztlich könnte man behaupten, dass wir alle hier in diesem Forum dekadent sind, weil wir überhaupt verreisen. Warum sollte Dekadenz bitte erst beim Butler anfangen? Nur weil wir sonst zu Hause auch keinen haben?

Fahren wir nach Österreich in den Skiurlaub, hat die Natur so oder so darunter zu leiden; woher nehmen wir uns dieses Recht? Wenn wir nach Afrika reisen, in einem gehobenen Restaurant speisen, welches von Sicherheitspersonal wie eine Festung vor den Menschen "gesichert" wird, die auf der anderen Straßenseite im Müll wühlen? Nach Billigreisen in Billiglohnländern lechzen, die eher Ausbeutung als Hilfe für die dortige Bevölkerung bedeuten? Mit kurzen Hosen in einem muslimischen Land die Straßen kreuzen, obwohl wir wissen, dass dies unangemessen ist?

Wer sich als Reisender gänzlich frei von und gefeit vor hedonistischen Zügen sieht, liegt in meinen Augen immer falsch. Das Maß mag sicher individuell unterschiedlich augeprägt sein, doch da sind wir wieder bei der eigentlichen Frage... Was ist Dekadenz in diesem Zusammenhang überhaupt? Sicher auch eine Frage des Blickwinkes. Bin ich schon dekadent, wenn ich in der Business Class fliege, wenn ich es mir leisten kann? Oder erst dann, wenn ich bewusst andere Menschen ausbeute? Die Antwort kann sich nur jeder selbst geben, doch vorschnell über Dekadenz oder nicht zu urteilen, halte ich für ebenso vermessen.


eselin 
Beitragsersteller
 16.09.2010, 17:19

Danke!

Mir war es peinlich, als ich auf einer Kreuzfahrt und in einem Hotel in den Emiraten eine Butler hatte, der einen von vorn bis hinten bedienen wollte und ganz enttäuscht war, als ich keine "Aufgaben" für ihn hatte. Bett aufdecken am Abend, 3 mal am Tag das Bad putzen etc. finde ich unnötig. Es mag vielleicht für reiche, verwöhnte Menschen toll sein, einen Sklaven um sich zu haben, der jeden Handgriff macht, ich aber finde es dekadent und peinlich.

Ich würde Dekadenz weniger am Materiellen festmachen. Wer sich auf der Kreuzfahrt für jeden Hafenaufenthalt über Fleurop einen Blumenstrauss oder den frischen Dill auf die Kabine schicken lässt - so what.

Nach meinem Verständnis beginnt Dekadenz beim Reisen in der Wahrnehmung eines Landes. Wenn ein Land nicht mehr als die Heimat von Menschen, die dort unter den gegebenen naturräumlichen oder auch anderen äusseren Bedingungen ihre eigene Kultur und Geschichte herausgebildet haben wahrgenommen wird. Sondern auf ein paar physikalische Kennziffern wie Luft-/Wassertemperatur oder Korngrössenverteilung am Strand reduziert, gleichsam als letztlich austauschbares Produkt wahrgenommen wird.